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Eines Tages in der Provence – Karine Lambert

Was passiert mit Dorfbewohnern, wenn eine Platane, die seit Ewigkeiten mitten auf dem Marktplatz stand, auf einmal gerodet werden soll? Karine Lambert zeigt es in ihrem neuen Roman.

Auf den ersten Blick ist das Thema des neuen Romans von Karine Lambert sehr außergewöhnlich gewesen. Ein Baum soll gefällt werden und in dem Roman werden die Tage bis zur Rodung anhand Geschichten der verschiedenen Bewohner des Dorfes erzählt. Wer aber die bisherigen Romane von Karina Lambert, wie zum Beispiel „Und jetzt lass uns tanzen“ gelesen hat, weiß, dass Lambert es schafft, aus jedem scheinbar ungewöhnlichen Stoff etwas ganz Besonderes zu machen.

Die Geschichte

Die Geschichte beginnt am 1. März. An diesem Tag hängt der Stadtmitarbeiter François Lebrun einen Zettel an die Platane, wo bekannt gegeben wird, dass diese am 21. März gefällt werden soll. Der Erste, der den Aushang bemerkt ist der Schüler Clément Pujol.

Er entdeckt einen Zettel am Stamm, liest ihn, versteht nicht gleich, liest ihn erneut und bleibt einige Sekunden wie erstarrt vor dem Baum stehen. Sein Vater und seine Mutter streiten über belangloses Zeug, dabei passiert hier gerade etwas Schreckliches.

S. 13

Nach und nach entdecken immer mehr Bewohner des Dorfes den Aushang. Einige sind erbost, einige verwundert und einigen ist die Fällung erst mal gleichgültig. Clément gründet jedoch kurzerhand eine Gruppe, die zur Rettung des Baumes beitragen möchte.

Neben den verschiedenen Menschen des Dorfes, die zu Wort kommen, kommt auch immer wieder die Platane selbst in dem Roman zu Wort:

Die Menschen nehmen uns in die Arme, schreiben uns Gedichte und Lieder, schnitzen Vornamen in unseren Stamm und akzeptieren uns, ohne zu murren. Wir geben ihnen gern den benötigten Sauerstoff.

S. 68

Das Dorf gerät immer mehr in Aufruhr, umso näher der Termin der Fällung rückt. Auch Stadtmitarbeiter Lebrun ist irgendwann nicht mehr überzeugt davon, dass die Platane wirklich gefällt werden muss, und findet Erschütterndes heraus.

Cover von „Eines Tages in der Provence“. Cover: Diana Verlag

Meine Meinung

Im Gegensatz zum ersten Roman von Karine Lambert, den ich gelesen habe, und in dem es um ein süßes altes Pärchen geht, war ich erst etwas überrascht über das Thema dieses Romans. Beim Lesen stellte sich aber schnell heraus, dass die Platane für alle Bewohner des Dorfes eine Bedeutung hat und alle eine Geschichte erzählen zu haben. Und am Ende schließen sich alle für eine Sache zusammen: Sie wollen ihre Platane retten. Das bemerkt irgendwann auch der Baum selbst.

Es ging nicht um den Wettbewerb für das schönste Dorf Frankreichs. Es ging nicht um eine extravagante Hochzeit. Es ging nicht um eine Beerdigung. Es ging nicht um den Geburtstag des Bürgermeisters. Es ging um meine Rettung!

S. 169

Gemeinsam versuchen die Dorfbewohner mit verschiedenen Aktionen die Fällung zu verhindern, und den Bürgermeister um Einhalt zu bitten. Zwischendurch erfährt der Leser immer wieder auch etwas über die Menschen, die um den Marktplatz herum wohnen und leben. Einzelheiten, die sich nach und nach zu einem Ganzen fügen. Und dennoch, alles Hoffen und Bangen scheint letzten Endes umsonst.

Ich bin voller Leben und werde dennoch morgen tot sein, sie haben es so entschieden. Ich bin hier aufgewachsen, weit entfernt von den Wäldern. Seit mehr als einem Jahrhundert leisten mir die Dorfbewohner Gesellschaft, unsere Verbindungen sind ebenso stark wie Wurzeln. Ich habe ihre Tage und ihre Nächte beobachtet, ihre Schwächen erschnuppert, unter meinem Laub hat so manches Liebespaar Schutz gefunden. Bis zu diesem letzten allerletzten Abend haben sie mich bewundert, wie einen Riesen, unverwüstlich und schützend.

S.190

Wie wird die Geschichte am Ende ausgehen? Was passiert mit den Dorfbewohnern und vor allem der Platane? Lest am besten selbst den Roman!

Fazit

An den ersten Roman von Karine Lambert kommt dieses Buch für mich nicht heran. Dafür hat die Beziehung der beiden Protagonisten im Roman „Und jetzt lass uns tanzen“ zu sehr mein Herz erwärmt. Dennoch hat die Autorin auch dieses Mal gezeigt, wie viel mehr hinter banalen Dingen, die wir gar nicht mehr wahrnehmen, steckt.

  • Werbung durch Rezensionsexemplar: Für diesen Blogbeitrag habe ich ein Rezensionsexemplar bekommen. Meine Meinung ist davon nicht beeinflusst.

Sarah Weber ist als Journalistin und Bloggerin am Niederrhein unterwegs. 2015 hat sie ihren 2-Fach-Master in Germanistik und Niederlandistik an der Universität Duisburg-Essen abgeschlossen und ist seitdem wieder in ihrer Heimatregion unterwegs. Neben dem Schreiben engagiert sich die Wahlmoerserin auch in der lokalen Kulturszene. Auf ihrem Blog entdeckt die Journalistin die Schönheiten ihrer Heimat und lässt ihre Leser an ihrem Leben teilhaben. Mal ernsthaft, mal amüsant, aber zu 100 Prozent immer authentisch und mit Freude an ihrer Passion - dem Schreiben.