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STM: „Heimat ist Sicherheit“

Wie sieht Heimat aus? Wie riecht sie, wie schmeckt sie und welche Bilder produziert sie in unseren Köpfen? Alle diesen Fragen ging das Schlosstheater Moers in seinem neuen Stück „Sand und Asphalt“ auf den Grund.

Beim Betreten der Räumlichkeiten am Schloss stehen Frauen am Eingang, die die Zuschauer des Stückes „Sand und Asphalt“ herzlich begrüßen. Hier und da duftet der Raum, der dieses Mal ohne Bühne auskommt und in dem Tische und Stühle stehen, nach Gewürzen. Anis rieche ich. Kurz nachdem wir sitzen, wird Tee gereicht. Es ist fast wie daheim. Daheim, in einem fremden Land.

Mit dem neuen Stück „Sand und Asphalt“ zeigt das STM in Kooperation mit dem Internationalen Kulturkreis Moers und dem Verein Frauen helfen Frauen Moers erstmalig ein Stück, dass die Flucht von Frauen thematisiert. Oft stünden Männer im Fokus der Berichterstattung oder der Aufführungen, berichtete Dramaturgin Larissa Bischoff vor dem Stück. Bei diesem Stück sollen Frauen über ihre Erlebnisse, ihre Gefühle und ihre Sehnsüchte berichten. Und das machen sie. Durch die ungewöhnliche Raumszenerie wirkt das Stück weniger als Theaterschauspiel, denn als Treffen unter Freunden, die von ihrem Leben berichten. Einem Leben, indem der Begriff Heimat durch Kriege, Verfolgung und Flucht eine vollkommen neue Bedeutung bekommen hat. „Heimat ist Sicherheit“, sagt eine der Frauen. Eine andere ergänzt, „Heimat sind Freunde und Familie.“ An einen Ort ist Heimat mittlerweile für die wenigsten mehr gekoppelt.

Die Stationen ihrer Flucht zeigen die Frauen im Laufe des Stückes.

Was sie über die Deutschen denken, fragt Magdalene Artelt, die die Funktion einer Dolmetscherin und Moderatorin einnimmt. „Ich finde, die Deutschen genießen das Leben viel zu wenig“, antwortet eine der Frauen. Sie habe in ihrer Heimat auch viel gearbeitet, aber danach sei sie noch raus gegangen. Hätte getanzt, Freude gehabt und das Leben genossen. Stummes Nicken im Publikum. Was diese Frau, die erst kurze Zeit in Deutschland lebt, über uns erfahren hat, scheint stimmig. Ob es anmaßend wirkt, dass sie uns so beurteilt? Keinesfalls. Denn erstens müssen diese Frauen ständig mit Klischees leben und zweitens ist sie es, deren Geschichte mir die Tränen in die Augen treibt. Es beeindruckt mich zutiefst, welchen Mut viele der Frauen aufgebracht haben. Sie haben lange Strecken zurückgelegt, sich Gefahren ausgesetzt und sich einem fremden Land gegenüber geöffnet. Zwischen den verschiedenen Erzählungen, ertönt Musik, Stimmen, Lieder und Geräusche, die einen Hauch dessen vermitteln, was Heimat für diese Frauen bedeutet. Zwischendurch gibt es leckere Kleinigkeiten, die auch die Geschmacksnerven in ferne Länder reisen lassen. Es ist wie ein Stück Fremde in unserer Mitte. In unserem Wohnzimmer, in unseren Köpfen. Und das tut gut. Es ist so unglaublich bereichernd, erhellend, inspirierend und zugleich auch emotional.

Als zum Schluss, bevor das Licht erlischt, eine der Frauen Magdalene Artel anschaut und fragt: „Sind wir denn hier eigentlich willkommen?“, bekomme ich eine Gänsehaut. Die Frage trifft mich zutiefst oder viel mehr die Tatsache, das sie überhaupt gestellt werden muss. Natürlich, seid ihr hier willkommen und wir freuen uns, wenn wir euch helfen können, ein Stück Heimat wieder zubekommen. Und danke, dass ihr uns willkommen heißt und uns ein Stückchen eurer Reise, eurer Kultur und eurem Leben offenbart.

 

Sarah Weber ist als Journalistin und Bloggerin am Niederrhein unterwegs. 2015 hat sie ihren 2-Fach-Master in Germanistik und Niederlandistik an der Universität Duisburg-Essen abgeschlossen und ist seitdem wieder in ihrer Heimatregion unterwegs. Neben dem Schreiben engagiert sich die Wahlmoerserin auch in der lokalen Kulturszene. Auf ihrem Blog entdeckt die Journalistin die Schönheiten ihrer Heimat und lässt ihre Leser an ihrem Leben teilhaben. Mal ernsthaft, mal amüsant, aber zu 100 Prozent immer authentisch und mit Freude an ihrer Passion - dem Schreiben.