Vielleicht mag ich dich morgen – Mhairi McFarlane
„Beide wissen nicht, dass sie das Leben des anderen verändern werden. Nicht heute. Aber vielleicht morgen.“ Noch Fragen, warum dieser Roman gelesen werden musste?
Anna hatte keine einfache Schulzeit. Immerzu wurde die Italienerin gemobbt und fertiggemacht. Ganz besonders schlimm war eine Aktion von James. Auch viele Jahre später sind Annas Wunden noch tief, auch wenn sie längst nicht mehr so moppelig wie zu Schulzeiten ist. Durch einen Zufall muss sie mit James zusammenarbeiten. Ob das gut geht?
Das Thema hat mich direkt gefesselt. Gerade vom Beginn der Geschichte war ich sehr angetan, weil die Autorin Annas Emotionen, die sie bis ins Erwachsenenleben begleiten, so authentisch darstellt: „Selbst wenn ein solcher Mann sich auf ein Date mit mir einlassen würde, möchte ich mir sein entgeistertes Gesicht ersparen, wenn er dann mir gegenübersteht.“ Anna kann einfach nicht glauben, dass sie längst kein hässliches Entlein mehr ist und der Leser spürt auf dem ersten Blick, wie tief die Verletzungen der Schulzeit bei der hübschen und intelligenten Frau noch sind. Die Autorin beschreibt unglaublich gefühlvoll, welche Auswirkungen Mobbing in der Schule, auf das weitere Leben eines Menschen haben kann: „Anna wünschte sich verzweifelt, sich vom Einfluss ihrer schrecklichen Jugendjahre befreien zu können. Trotzdem war ihr das Mädchen, das man haariges Monster genannt hatte, noch immer näher als die Frau, der man hinterherpfiff.“ Bei der Bedeutung und Auswirkung dieser Worte musste ich schlucken. So gedankenverloren Jugendliche manchmal sein können, so unbewusst sie Äußerungen von sich geben, so schlimme Konsequenzen kann das bei dem Betroffenen auslösen. „Als sie in die Schule gekommen war, hatte sie vor Wissensdurst gebrannt – und eine Lektion in Sachen Wertlosigkeit erhalten.“ Bei Anna gipfelte es darin, dass sie sich für ziemlich wertlos hielt und sich eines Tages sogar das Leben nehmen wollte. Das Thema könnte tieftraurig sein. Ist es an vielen Stellen auch. Trotzdem schafft es die Autorin durch den Bezug zu Annas Gegenwart und dem Wiedertreffen mit James, der Geschichte ein neues Ende zu geben. James reflektiert sein Verhalten von damals und versteht erst jetzt, was er damit bei Anna angerichtet hat: „Es war eine wirklich beängstigende Vorstellung, dass man einem anderen Menschen solchen Schaden zufügen und das dann im hintersten Winkel seines geistigen Dachbodens verstauen konnte.“ James hat im Laufe des Romans dazugelernt. Und vielleicht macht der ein oder andere Leser diese Erfahrung ja auch.
Fazit: Ein Roman, der mich sehr berührt hat und eine Thematik, die nicht aktueller sein könnte.